Können wir es uns noch erlauben, mit unseren kostbaren Grünflächen, so verschwenderisch umzugehen?
Frankfurt muss wachsen, die
Rhein-Main-Region muss zusammen-wachsen, Menschen müssen bewegt werden.
All das ist unbedingt erforderlich, wenn die Metropolregionen leben
wollen. Das Land muss angebunden werden, an diese
Regionen. Dazu braucht es Transportwege. Im Bereich der Autobahnen hat
man hier in der Vergangenheit ein großes Augenmerk auf deren Ausbau
gelegt. Im Bereich der Bahn, so scheint es, wurde viel verschlafen. Nun
ist es soweit, die Bahnstrecke nach Friedberg
wird ausgebaut, die Regionaltangente West steht nach rund 30 Jahren in
den Startlöchern. Eine Bedarfsstrecke, deren Planung und Idee vor über
30 Jahren entstanden ist. Eine Bahnstrecke, die am Widerstand der
Bevölkerung und der Umweltschützer, immer wieder
zum Stillstand gekommen ist. Und nun, viele viele Jahre später, gönnen
wir uns den Luxus und wandeln kostbares Grünland in Schienenwege um?
Warum geht man hier nicht
unter die Erde? Der Eingriff in die Natur bliebe überschaubar und die
Natur könnte nach Abschluss wieder in ihren Ur-Zustand versetzt werden.
Teurer?!
Ja! Aber nachhaltiger. Und
wenn man die Kosten für die Verzögerungen und den Nachhaltigkeitsschaden
beziffert, fällt diese Verteuerung wohl nicht mehr so stark in Gewicht.
Und einen weiteren Vorteil würde die Tieferlegung
des Bahnverkehrs bieten: Die heute notwendige Streckenführung und
Anbindung "neuer" Stadtteile und Städte wären einfacher zu realisieren.
Zugkoppelungen und notwendige Infrastruktur sind auch unter der Erde
realisierbar. Zumindest in der Metropolregion und
dem nahen Umland vielleicht eine Möglichkeit dem Widerstand durch
Naturzerstörung und Lärm zu umgehen und die Verwirklichung eines
notwendigen Ausbaus zukunftsorientiert entgegen zu gehen. Die FREIE
WÄHLER haben hier noch mannigfaltige Ideen wie wir, wie unsere
Gesellschaft in die Zukunft gehen können. (MW)
Die Bahn hat nicht nur Gleise im Blick
Beim Bau neuer Bahnstrecken
soll künftig die Stadtentwicklung im Umfeld stärker berücksichtigt
werden. Planer wünschen sich aber auch mehr Tempo bei der Umsetzung.
VON GÜNTER MURR
Frankfurt. Die Bahn
hat in der Region viel vor. Zwölf Projekte für zwölf Milliarden Euro
sieht das Programm „Frankfurt Rhein-Main plus“ vor, das der
Schienenkonzern zusammen mit Bund, Land, Stadt und
Rhein-Main-Verkehrsverbund
(RMV) vorantreibt. Dabei geht es nicht nur um den Bau neuer Gleise. Bei
künftigen Projekten wirft die Bahn auch einen Blick links und rechts der
Schienen, wie Gerd-Dietrich Bolte deutlich macht.
Er leitet bei der DB Netz AG
den Bereich „Großprojekte Mitte“ und ist damit unter anderem für die
Nordmainische S-Bahn zwischen Frankfurt und Hanau verantwortlich. Nach
2025 sollen auf den neuen Gleisen die ersten
Züge verkehren. Doch nicht nur die Bahnpendler sollen profitieren. So
ist geplant, die Baustraßen entlang der Strecke nach Abschluss der
Arbeiten nicht zu entfernen, sondern in einen Radschnellweg umzuwidmen,
wie Bolte bei einer Diskussion im Deutschen Architekturmuseum
sagte.
Darüber hinaus gibt es
weitere Ideen für die Nutzung der Grundstücke an der Strecke. Bolte
nannte als Beispiel schmale, langgezogene Gebäude, die einerseits als
Lärmschutz dienen, andererseits für Studentenwohnungen
oder kleine Büros genutzt werden können. „Wir müssen Stadtentwicklung
und Verkehrsplanung zusammen denken“, sagte Bolte. Ähnlich argumentierte
Kai Vöckler, Professor an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach.
Er brachte eine andere Idee ins Gespräch: „Urban
Gardening“, also die gemeinschaftliche Bewirtschaftung von Beeten.
Kleingärten seien traditionell neben Bahnstrecken angesiedelt. Beim
„Urban Gardening“ aber kämen die Menschen noch stärker miteinander ins
Gespräch. „Das hat eine unglaublich hohe Akzeptanz.“
Für bessere Gestaltung
Grünflächen spielen für die
Bahn zunehmend eine größere Rolle. So kann sich Bolte „grüne
Schallschutzwände“ vorstellen. Im Zuge der Nordmainischen S-Bahn soll
ein grünes Verbindungsband zwischen Ostpark und EZB angelegt
werden, und zwar in Hochlage auf dem Bahndamm. „Das sieht ein wenig aus
wie in New York und könnte bis Sachsenhausen verlängert werden“, sagte
Bolte. Vöckler schlägt vor, die bei Bauprojekten vorgeschriebenen
ökologischen Ausgleichsflächen künftig direkt neben
den Gleisen anzulegen, etwa an der ICE-Strecke zwischen Frankfurt und
Mannheim.
Die Stationen sollen nicht
auf Bahnsteige und Sitzgelegenheiten beschränkt sein. Vöckler schlägt
vor, sie zu Verknüpfungspunkten zu machen, an denen es Leihautos und
Leihfahrräder gibt. Denkbar seien auch Räume, in
denen man zeitweise arbeiten kann, sogenannte Coworking-Konzepte.
Vöckler hält es für nötig, die Anlagen des öffentlichen Nahverkehrs
generell zu verbessern. „In anderen Ländern wird dafür mehr Geld
ausgegeben.“
Bolte sieht einen weiteren
Mangel: „Uns fehlen große Park-and-Ride-Plätze entlang der S-Bahn.“ Ein
solches Infrastrukturprogramm sei relativ schnell auf die Beine zu
stellen. Das gilt für andere Projekte nicht. RMV-Geschäftsführer
André Kavai wies darauf hin, dass über Projekte, die jetzt realisiert
werden, schon in den 80er Jahren gesprochen wurde. „Es ist ein Wettlauf
gegen die Zeit.“ Thomas Horn, Direktor des Regionalverbands Frankfurt
Rhein-Main, plädierte für eine Beschleunigung,
zum Beispiel durch eine Beschränkung von Umweltprüfungen,
Bürgerbeteiligung und Klagemöglichkeiten. „Sonst werden wir
handlungsunfähig.“
Sonderrecht gefordert
Er wünscht sich ein
Sonderrecht für Metropolregionen, die sonst ihrer Funktion als
wirtschaftlicher Motor nicht mehr erfüllen können. Auch Bolte mahnte:
„Wir müssen aufpassen, dass es die Behörden bei der Prüfung nicht
überreiben.“ Wenn es um Projekte gehe, die dem Gemeinwohl dienen, müsse
man das anders betrachten. Und er wies darauf hin, dass die Region auch
nach 2030 weiter wachsen werde. „Wir müssen jetzt damit beginnen, einen
Masterplan für diese Zeit zu entwickeln.“