Sonntag, 5. Februar 2017

Was mich diese Woche politisch bewegte


In der vergangenen Woche habe ich in meinem Wahlkreis etwas Werbung der FREIEN WÄHLER in die Briefkästen eingeworfen. Dabei wurde ich in einer Reihenhaussiedlung von einer vermeintlichen Hausbesitzerin angesprochen und gefragt, wer oder was die FREIEN WÄHLER sind. Ich erklärte ihr kurz, dass diese Wählergemeinschaft/Partei sich für mehr Bürgernähe in der Politik einsetzt. Die zweite Frage, die mir daraufhin gestellt wurde war:
„Wie steht diese Partei zu den Flüchtlingen?“
Da mir die Frage zu allgemein war, fragte ich die Dame, was sie denn unter „den Flüchtlingen“ verstehe. Sie antwortete mir darauf hin:
„Na die aus Syrien!“
Worauf ich erwiderte: “Menschen die vor einem Krieg fliehen? Denen muss man helfen!“

„Danke, das genügt mir!“ warf sie mir barsch zurück und gab mir den Flyer zurück.
Auch ich setzte ohne weiteren Kommentar meinen Weg fort.
Allerdings nicht ohne über diese Begegnung nachzudenken!


Sind wir wieder an einem Punkt angelangt, an dem wir eine neue Episode der Apartheid erleben? Alle, die nicht so sind wie ich, sind böse?
Alle die nicht von hier sind, sind böse?

Ist das Thema Flüchtlinge, Asylbewerber, vermeintliche Kriminalisierung von Ausländern, Silvester 2015/2016, der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt nicht viel komplexer, als dass man es mit nur einer Frage „Wie stehen sie zu den Flüchtlingen?“ abtun kann?


Mir jedenfalls ist diese Thematik zu differenziert, als dass ich sie mit nur einer einzigen Antwort, nur mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantworten könnte.
Die Frage, die ich mir stelle ist, will mein gegenüber sich die Mühe machen, diese Sache differenzierter zu betrachten?
Ja, vielleicht sogar etwas Selbstkritik in der Sache „Flüchtlinge“ zuzulassen?



Aus rechtlicher Sicht sind im September 2015, als uns die „Flüchtlingswelle“ überrollte, mit Sicherheit große Fehler gemacht worden, mit denen wir heute noch zu kämpfen haben. Diese „Flüchtlingswelle“ hat uns auch eine Menge Menschen in unser Land gebracht, die unserem Wertesystem nicht wohl gesonnen gegenüber stehen. Doch aus humanitärer, menschlicher Sicht, war es ein richtiger Schritt.
Notleidenden Menschen den Rücken zuzudrehen mag einfach sein.
Seinen Blick vom Elend anderer abzuwenden, kann das schlechte Gewissen beruhigen.
Doch es ist eben nicht menschlich!
Im Gegenzug bemängelt man in unserer Gesellschaft, dass sich niemand mehr um Unfallopfer kümmert.
Dass Nachbarn monatelang tot in ihrer Wohnung liegen und sich niemand darum kümmert.
Dass Kinder in der Nachbarschaft misshandelt werden, ohne dass jemand einschreitet.
Dass Frauen in der Bahn belästigt werden und niemand zu Hilfe kommt.
Einfach, dass wir uns nicht mehr um andere kümmern.
Dass unsere Gesellschaft verkümmert.
Und zu guter letzt, dass sich die Politik nicht um uns Bürger kümmert.

Jetzt wundert mich nicht mehr, dass manche Menschen ihren Blick vom Elend der anderen abwenden und vielleicht noch eine Rechtfertigung für ihre Ablehnung und Pauschalisierung suchen.


Kommen wir zurück zu den gemachten Fehlern der Politik, die Schuld der Anderen.


Die Menschenmenge, die uns überrannte war schon längere Zeit vorher für die Behörden erkennbar. Anfangs hat man wohl noch behördlich reagiert, doch dann hat man sich ganz schnell tot gestellt und den Kopf in den Sand gesteckt, wohl in der Hoffnung, der Kelch ginge an uns vorüber.
Aussitzen, statt sich mit einem Plan B oder Plan C zu befassen.

Und dann kam die Welle.

Dann wurde ein Bundesamt mit der Koordination der Lage beauftragt, die zwar verwaltungsrechtlich zuständig waren, aber mit solchen katastrophalen Zuständen keinerlei Erfahrungen hatten. Und ein Bundesamt, welches für Katastrophen gerüstet sein sollte, schlief einen Dornröschenschlaf.
Hier muss man in der Tat ansetzen um in der Zukunft solchen Zuständen jegliche Ausbreitungsmöglichkeit zu nehmen.


Nun waren die Menschen da, die tausende Kilometer vor einem Krieg geflohen sind.
Und sofort verbreiteten sich auch die ersten Schreckensmeldungen.
Die Angekommenen plünderten angeblich gleich nach ihrer Ankunft die Aldi- und Lidl-Märkte in großem Stil, was aber nun, nach mehr als einem Jahr scheinbar kein Thema mehr ist.
Ich habe auch nie in den Medien einen solchen geplünderten oder niedergebrannten Einkaufsmarkt gesehen.
Ich lebe in einer Stadt in Deutschland, die einen Ausländeranteil von rund 30% hat.
Und selbst hier ist mir ein solches anarchisches Delikt nicht bekannt geworden.
Das soll nicht bedeuten, dass alle „Flüchtlinge“ den Friedensnobelpreis verdienen, aber es verdienen auch nicht alle Flüchtlinge das Stigma des raubenden, mordenden, menschenverachtenden Neandertalers.


Es ist eben viel Komplexer!


Nun komme ich tatsächlich zu den „Bösen“ unter den „Fremden“.

Silvester 2015/2016 soll mir hier zunächst als Beispiel dienen.
Eine menschenverachtende und nicht zu tolerierende Tat, an der es mit Sicherheit auch nichts zu beschönigen gibt.
So etwas darf sich nicht wiederholen!
Was ist aber die Konsequenz aus dieser/diesen Taten?
Dieses „Vergehen“ möchte unsere Gesellschaft nicht haben.
Diejenigen, die dieses Vergehen begangen haben, möchte diese Gesellschaft nicht haben!
Und hier muss endlich das Handeln solcher „bösen“ Menschen auch Konsequenzen haben.
In diesem Fall, die sofortige Ausreise aus unserer, so mag man uns unterstellen, „intoleranten“ Gesellschaft!
Und nun kommt meine Frage an die Menschen, die das Thema „Flüchtlinge“ nicht so komplex betrachten:

Waren die Täter alle Syrer?


Nicht zu vergessen, das bisher schlimmste Ereignis in der Kette der „Flüchtlingsproblematik“:

Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt.


Im Vergleich zum vorangegangen Beispiel, mit Sicherheit die Steigerung der Abartigkeit menschlicher Abwege.
Mich macht diese Tat, die ein Mensch ohne Not anderen Menschen antun kann, fassungs- und sprachlos.
Sprachlos will ich aber nicht bei der vermeintlichen Prävention einer solchen Tat sein.
Das Zauberwort ist im Moment: elektronische Fußfessel!
Die scheinbare Lösung all unserer Probleme gegenüber vermeintlicher Gefährder unserer Gesellschaftsordnung.

Hier stelle ich ganz offen die Frage:
Wie verhindert eine solche elektronische Fußfessel ein solches Attentat?

Oder einfacher gefragt:
Was bringt die elektronische Fußfessel?

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und frage:

Hätte die elektronische Fußfessel, am Fuß des Anis Amri, dessen Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt verhindern können?

Auf diese Antwort und die dazugehörige Erklärung bin ich sehr gespannt!


Und auch hier wieder meine Frage in diesem komplexen Thema:


War der Täter ein Syrer?


Bei Gesprächen über die reduzierte Thematik „Ausländer“, taucht auch immer wieder der Lösungsvorschlag nach Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft auf.
"Der „Ausländer“ müsse sich zu einer Nationalität bekennen und entscheiden"!


Und dann?


Auch hier wieder eine beispielhafte Konstellation:

Die oder der deutsch/irakische Mitbürger ist, wenn er sich denn für die deutsche Staatsbürgerschaft entscheidet, ein besserer Mensch?

Oder wenn er sich für die irakische Staatsbürgerschaft entscheidet, ein schlechterer Mensch?

Oder mit deutschem Pass fügt er sich besser unserer  Gesellschaftsordnung, als mit einer anderen Staatbürgerschaft?


Wie erwirbt man denn eigentlich eine Staatsbürgerschaft?


Ich mache mir Gedanken, wie das bei mir sein würde, wenn z.B. mein Vater ein deutscher Staatsbürger und meine Mutter irakische Staatsbürgerin wäre.
Beide Elternteile würden in Deutschland leben, hätten aber gute Verbindungen in die Heimat der Mutter, deren ganze Familie dort lebt.
Dann werde ich in Deutschland „hineingeboren“.
Nach dem sogenannten Blutrecht wäre ich Iraker.
Nach dem  sog. Bodenrecht wäre ich Deutscher.
Meine genetischen Wurzeln hätte ich allerdings in beiden Ländern.
Hier wäre nun eine doppelte Staatsbürgerschaft eine diplomatische Lösung.


Bleiben wir bei dem Bodenrecht und unterstellen wir mal, dass ich mit meinem Geburtsland Deutschland nichts am Hut habe.
Von meinem Wesen her bin ich nun auch noch ein sehr umtriebiger Geist, der jede Möglichkeit ausnutzt, andere Mitbürger zu belästigen und zu drangsalieren.
Aber ich bin Deutscher.
Und das ohne doppelten Boden!

Bin ich jetzt ein Vorzeige-Deutscher, gegenüber jemandem, der zwei Staatsbürgerschaften hat und sich nicht entscheiden will?
Liegt meine Sympathie oder meine Ablehnung für oder gegen ein Land nur an der Farbe meines Ausweises?
Kann man die Frage nach der doppelten Staatsbürgerschaft wirklich soweit reduzieren?

Wohin die Frage nach der Herkunft, Abstammung, Staatsbürgerschaft führen kann, erleben wir tagesaktuell in Amerika.
Bis hin zu der Tatsache, dass deutsche Politiker derzeit dort unter die „Nichterwünschten“ fallen.

Sind das jetzt alles böse Menschen geworden?
Ist das vielleicht die Wiederholung vergangener geschichtlicher Ereignisse.
Will man hier sagen: „Das böse Fremde will uns vernichten“.


So haben Kriege angefangen!


Doch all das könnten wir mit einer reinen Staatsbürgerschaft verhindern?!


Vor was haben wir also Angst?

Dass uns ein Fremder vorschreibt, wie ich mich zu verändern habe, so dass es ihm gefällt?

Wie schon erwähnt lebe ich in einer Stadt, mit rund 30 % Ausländeranteil.
Hier gibt es eine Straßenbahnlinie, die wird liebevoll Orientexpress nennen, weil hier vermutlich kaum ein Fahrgast deutsch spricht.
Mein Eindruck ist, dass sich in den letzten zwanzig Jahren die Fahrgäste, was das kriminelle Verhalten angeht, nicht zum Schlechten verändert haben. Ich selbst wurde noch nie Opfer einer Straftat, geschweige denn, Zeuge einer Straftat.
Respektloses Auftreten Jüngeren gegenüber Älteren, schon eher mal.
Aber dass dies ausschließlich Ausländer sind, kann ich nicht bestätigen.
Was ich allerdings bestätigen kann, dass z.B. wenn jemand stürzt und zu Fall kommt, die ausländisch aussehenden Mitbürger sich eher um das Opfer kümmern oder z.B. Müttern mit Kinderwagen beim Einsteigen in die Straßenbahn behilflich sind.
Dass dieser Personenkreis sich eher von seinem Sitzplatz erhebt und werdenden Müttern oder alten Menschen ihre Sitzplätze anbieten, als vermeintlich deutsch aussehende Mitbürger.


Ein weiteres Thema aus dieser Woche war das vielfach geforderte Burka-Verbot.


Mir gefällt es auch nicht, dass sich ein Mensch verstecken muss oder will.
Mich stört das aber nicht.
Ich finde es einfach nur bedauernswert.
Aber hier, in diesem Land ist ja das Bekenntnis zum Gesicht durchaus möglich.
Wenn es der Wille der verschleierten Frau ist, so soll es so sein.
Leben und leben lassen.
Mir schreibt ja auch niemand vor, dass ich eine Krawatte tragen muss.
Und zum Thema „Burka-Verbot“ stellt sich mir Frage:

Welche Gefahr geht von einem Kleidungsstück aus?

"Unter diesem Kleidungsstück kann sich ein Terrorist verstecken!"

Wie viele Terroristen haben weltweit mit einem solchen Kleidungsstück schon ihr Unwesen getrieben?
Ist durch ein Verbot eines Kleidungsstückes die Terrorgefahr gebannt?

Wechseln wir zur Integration.

Wenn ich gezwungen werde, ein bestimmtes Kleidungsstück zu tragen oder nicht zu tragen, bin ich dann Teil dieser Gesellschaft?
Identifiziere ich mich dann mit dieser Gesellschaft?
Bin ich durch das Ablegen eines Kleidungsstückes ideologisch ein anderer Mensch?
Wir berufen uns auf unsere freiheitliche Gesellschaft und wollen im gleichen Atemzug das Tragen eines Kleidungsstückes verbieten?
Und was erwarten wir von diesem Verbot?
Bessere Integration?


Seit hunderten von Jahren gibt es in Großstädten ganze Stadtteile, die von Ausländern bevölkert sind. China-Town, Little Italy, Indian Quarter etc.
Hier lebten und leben noch heute Menschen, die am Rande der tolerierten Gesellschaft leben. Menschen die scheinbar anders sind.
Vielfach gilt in solchen Ghettos ein eigenes Gesetz, dass mit der ordentlichen Gesetzgebung nicht mehr viel zu tun hat.

Aber dieses Zusammenleben funktioniert.

Seit hunderten von Jahren.

Beide Seiten der Gesellschaft akzeptieren den Raum, die Kultur des Anderen.
Und keiner fordert den anderen auf, so zu sein wie er selbst.
Hier liegt für mich der Schlüssel zur Integration.

Wenn jemand lila Punkte im Gesicht hat, so ist das sein Ding!

Wenn er mich nicht drangsaliert, dass auch ich lila Punkte im Gesicht haben muss, ist mir sein Auftreten völlig Wurscht!
Und hier möchte ich, dass das so bleibt!
Leben und leben lassen und vor Allem gegenseitigen Respekt und Toleranz gegenüber anderen.

Mich befremdet, dass in diesem Land sich Frauen derart unterdrücken lassen und eine Burka tragen.
Dieses Land bietet aber auch diesen unterdrückten Frauen Hilfen zur Öffnung und Flucht an.
Doch nutzen müssen diese Hilfsangebote die vermeintlich unterdrückten schon selbst.
Wer hier lebt und nicht versteht, dass Unterdrückung in diesem Land nicht sein muss, der will vielleicht gar keine Hilfe?!
Warum also muss ich diesem Hilfsunwilligen meine Hilfe aufzwingen?


Ich habe vor einer Burka keine Angst.


Mehr Angst bereiten mir ganz andere Zeitgenossen.

Menschen, die ein nebeneinander von Menschen nicht akzeptieren können.
Menschen, die mit Gewalt andere Menschen zwingen, so zu sein, wie sie selbst es gerne wären. Menschen, die andere Menschen demütigen, weil sie anders aussehen.
Menschen, die Menschen töten um der eigenen Lustbefriedigung genüge zu tun.


All dass ist nur ein kleiner „Angst-Abriss“.

Es klingt auch wie animalisches Gebaren aus der Steinzeit.
Und doch sind das Werte aus dem 21. Jahrhundert:


Menschen verachten Menschen, weil sie anders sind.


Wir behaupten, unsere Art hat sich im Laufe der Evolution weiter entwickelt und lernt stetig dazu. Oh ja.
In der Steinzeit wurde die eigene Rasse getötet, um das eigenen Überleben zu sichern.
Der nichts hatte, hat dem der etwas hatte, die Keule über den Kopf gezogen.
Heute hauen wir mit der Keule die, die nichts oder weniger haben als wir.


Unser aller Zeit auf diesem Planeten ist begrenzt.
Keiner darf ewig hier bleiben.
Auch wenn das der eine oder andere gerne hätte.
Unsere Sanduhr rinnt unweigerlich.

Warum verschwenden wir so viel Energie damit, anderen das Leben schwer zu machen?

Diese Frage geht übrigens an beide Seiten.
Inländer wie Ausländer.
Jede Gesellschaft hat sich Regeln gegeben.
Auf der ganzen Welt.
Diese Regeln sind ganz unterschiedlich, aber man sollte diese Regeln, Sitten und Gebräuche der „Anderen“ respektieren.
Mit mehr oder weniger Toleranz.
Und wenn mir die Lebensart hier in dieser Gesellschaft, die mich aufnimmt und mir Asyl gewährt, nicht gefällt, dann ist diese Erdkugel groß genug, sich ein anderes Plätzchen des Wohlbefindens zu suchen.
Zur Not auch in Nordkorea.

Aber seid bitte ganz vorsichtig mit verändern wollen anders denkender.

Integration kann auch bedeuten, den anderen zu akzeptieren, wie er ist.
Egal ob mit doppelter Staatsbürgerschaft oder mit Burka und ohne Fußfessel.

Wer das nicht kann oder will, dem steht die ganze Welt offen.


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